Der Jüngste kommt also den zehnten Tag in Folge mit derselben ungewaschenen Hose herunter, um in die Schule zu gehen. „Es war doch der Plan, die Hose einmal zu wechseln“, sage ich vorsichtig, ein entsprechendes Gespräch dazu hatte nämlich am Vortag stattgefunden. „Es geht nicht immer alles nach Plan im Leben“, sagt der Bub, nimmt die Schultasche, nickt kurz und zieht von dannen. Da hat er natürlich recht, nach Plan geht es selten. Und wenn doch, muss man erst recht skeptisch sein. Wie zum Beweis wird er drei Tage später krank. So richtig, mit hohem Fieber und entzündetem Hals.
Der Älteste hat gerade erst über die Jahreszeit gesagt: „Immer dasselbe, ein paar Homepartys, ein Besuch in der Stadthalle, drinnen sitzen in Lokalen, und schon sind wieder alle krank.“ Als ich dem Jüngsten in den Hals schaue und auch ganz ohne Medizinstudium sehe, dass da wahrscheinlich ein Antibiotikum angesagt sein wird, ist es natürlich Samstagfrüh. Krank werden die Kinder immer schon außerhalb der Ordinationszeiten. Sonntagfrüh gibt es dann einen Stromausfall. So richtig still ist es erst, wenn der Kühlschrank nicht tinnitust. Das Handy ist auch in dieser Situation das Werkzeug der Wahl. Zuerst als Taschenlampe, um zu sehen, ob die Sicherungen drinnen sind, dann über das Handynetz (das WLAN ist ja aus) auf die Stromanbieterseite, die einen großflächigen Ausfall in der ganzen Gegend bestätigt.
Ich nehme den Hund, und wir gehen im Dunkeln spazieren, die Straßenbeleuchtung, die 45 Minuten später wieder angeht, sagt mir, dass alles wieder läuft. Ein Glück, denn die Lieblingshose muss unbedingt gewaschen werden, solang der Bub noch im Bett liegt. Womit soll er sonst auch zum Arzt gehen, wenn die Ordination am Montag wieder offen hat? (Die Presse Schaufenster, 17.11.2023)
("Die Presse Schaufenster" vom 06.10.23)
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